Im Zeitalter der Demokratie ist die Ethik bekanntlich eine Waffe, derer sich jedermann bedienen kann. Das wissen wir spätestens seit Robert Michels. Der zentrale Hebel des Moralisierens besteht darin, dass man mit sogenannten Werten – ein Begriff, den der alte Kant aus der Wirtschaft in die Philosophie entführte und ihn dadurch zu einem Wieselwort im Sinne Hayeks machte – alles fordern und rechtfertigen kann.
Ethische Apelle, nein, alleine schon die Verwendung dieser Begriffe, lässt ein vermeintliches zivilisatorisches Hochgefühl mitschwingen. Sie erzeugen eine Art moralische Überlegenheit und schmeicheln dem eigenen Ego. Diesem Mechanismus können viele nicht widerstehen. Mit einem Schuss Zynismus gewürzt, ergibt das den Schluss: Moralische Empörung verleiht selbst mentalen Blindgängern einen Hauch von Würde.
Durch die meist nüchterne Brille Machiavellis, einem durchaus widersprüchlichen Praktiker sowie Theoretiker der Macht, betrachtet, lautet die Conclusio: die Emanzipation der Politik von der Moral ist die Bedingung für eine Ethik der Politik.